Dass Michael Wolgensinger bei Hans Finsler an der Zürcher Kunstgewerbeschule nach einer Lehre im Fotoatelier Meiner ab 1936 Hospitant war, ist evident. Seine berühmten Sachaufnahen folgen ganz den Vorgaben, die der an der Bauhaus-Aesthetik geformte grosse Photolehrer vorgemacht und eingefordert hat. Klarheit, Präzision, Nahsicht, ungewohnte Standorte und Kompositionen, Experimentierlust und perfekte Ausführung. Ein Schwarz-Weiss-Alphabet der Objektwelt.
01Zuerst befragt Michael Wolgensinger sein eigenes Medium. Er ordnet einen Filmstreifen in die Bilddiagonale und als Spiralform. Dazu spielt er mit Genauigkeit und Unschärfe, und wie häufig, setzt er gekonnt das Wechselspiel von Licht und Schatten ein. Ureigendste photographische Gestaltungsmittel. 02Ein Paradestück ist die zersplitterte Glühbirne, womit er noch seinen Lehrer übertrifft. Ende der Dreissiger Jahre als Werkbund-Mitglied damit angefangen, ist er noch 1968 dieser Aesthetik verpflichtet. 03Auch die graphisch wirkenden "Jahrringe" (1957) gehören dazu, 04der stupende, fallende und aufspringende "Wassertropfen" 05sowie die graziös arrangierten Rollen. 06Das Flair für die Eigenheiten des Materials demonstrieren gültig die Aufnahmen zweier Stoffbahnen, die eine flach ausgelegt, die andere von der unsichtbaren Hand drapiert. 07Seinem preisgekrönten Film "Schleifen" hat er ein Photo abgewonnen, das die aufgehängten Bänder als Skulptur vorführt.
08Aber auch andere Vorbilder und Einflüsse spielen mit: die von oben gesehene Stuhl-Landschaft lässt sowohl an Moholy-Nagy wie Rodtschenko denken, 09während das Schlagschatten-Wandstück zum Programm der "Subjektiven Photographie" passt und Kunst meint. 1011Wie die beiden Stein-Kompositionen, von harmonischer Ausgewogenheit und Sinnlichkeit - wie die Schöpfungen von Henry Moore. Eine Feier der Natur.
12Wolgensingers Können im Bereich der Sachphotographie kam später auch der Werbung (Frau mit Uhr) zugute, und bestätigte sich auch in der Farbphotographie.